Der „Segen“ des Telefons
Es klingelt und klingelt und klingelt … oft pausenlos – Tag und Nacht.
Schlaftrunken erfährt man: Falsch verbunden!
Das erneute Einschlafen nun nicht mehr ganz einfach.
Manchmal hat man das Gefühl, der Anrufende hat es „gerochen“, in dem Moment anzurufen, wenn das Essen so richtig schön dampfend auf dem Teller liegt und das Besteck eben den ersten Bissen zum Mund führen soll. Oder … genüsslich mit vollen Backen gekaut wird.
Der laute Ton dieser segensreichen Erfindung der Menschheit lässt – wenn unerwartet – oft heftig erschrecken. Ein Satz und man steht neben dem Plagegeist, um von einem Band genervt zu erfahren:
„Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gewonnen!“ Natürlich ist dieser Gewinn verbunden mit einer Kaufaufforderung, oder dem Ausfüllen eines Lottoscheins. Es gäbe dadurch noch mehr Möglichkeiten, reich zu werden. Dann erklärt die Stimme die Notwendigkeit, eine Zahl aus der Telefonskala zu wählen, um fortzufahren. Ich persönlich lege spätestens jetzt schnell schmunzelnd auf, da ich nicht daran glaube, so schnell Millionär zu sein.Natürlich ist solch ein Kommunikationsgerät auch oft gut, man erfährt das Neueste.
Ein Enkelkind wurde geboren, eine Prüfung bestanden, Ende des Monats wird man eingeladen zu einem besonderen Fest und noch viele andere Nachrichten.
Auch Trauriges muss man verkraften, wenn es einem urplötzlich und unerwartet an den Kopf geworfen wird, ebenso wie Ärgerliches.Stundenlange Telefonate lassen das Handgelenk absterben und ein notwendiger Gang zum „stillen Örtchen“ muss oft warten.
Besonders makaber, wenn man aus der Dusche gelockt wird, nur im Badetuch bekleidet schnell durch die Wohnung flitzt, auf dem Fußboden nasse Spuren hinterlassend.
Schlimm, wenn das „Mobile“ irgendwo achtlos liegt und eine eifrige Suche begonnen werden muss, um das nervige Klingelteil endlich zu finden.
Entgleitet der Hörer dann den eingeseiften glitschigen Händen und fällt polternd auf den Boden, ist ein Herzinfarkt des Anrufers manchmal schon vorprogrammiert.
Zum Glück gibt es zumindest bei uns noch kein Bildtelefon.
Der Gedanke daran lässt mich hell auflachen.Damit man ständig erreichbar ist, wird das „Ding“ überall mit hin geschleppt. Es liegt draußen auf der Terrasse ebenso, wie neben der Badewanne, dem Herd und auch im Hof beim Autoputzen.
Um auch dann verfügbar zu sein, wenn man unterwegs ist, gibt es die Anrufbeantworter.Trotzdem möchte ich das laut fordernde „Klingelding“ nicht missen, höre ich doch die Stimme lieber Freunde, die durch kein Internet ersetzt werden kann.
Heidi Gotti