Heidi

Eigene Worte: Lange hab ich mit mir gerungen, Euch "mein Leben" preiszugeben. Es gibt da, wie in jedem anderen Leben auch, traurige und lustige Abschnitte. Aber es ist nun mal meine Vergangenheit und man muss mit allen Begebenheiten leben. Man reift ja auch daran. Außerdem wollte ich bestimmte Dinge der "Nachwelt", der jüngeren und jungen Generation erhalten. Vielleicht lernen sie daraus. Aber vor allen Dingen werden sie Manches verstehen können, das vielleicht vorher "unverständlich" erschien.  

Nun möchte ich meiner Vergangenheit die Gegenwart voranstellen. So könnt Ihr Euch ein Bild von mir machen und meinem Leben, mit Otto, meinem lieben zweiten Mann. Ihn zu finden, war das größte Glück, das mir widerfahren ist, nach einer schlimmen vom Alkohol geprägten Ehe. 

Durch Otto lernte ich wieder sorgenlos und glücklich auf der Welt zu sein. Über zwanzig Jahre sind wir schon zusammen. Gemeinsam meistern wir Freud und Leid. Diese Verbundenheit ist ein wunderschönes Gefühl. 

Für meine drei Kinder ist er der Vater und für die Enkel der Opa und dafür sind wir sehr glücklich. 

links ein Bild von 1961 - Mitte 1969 - rechts 1983

1983 lernte ich meinen zweiten Mann kennen. So verbindet sich die Otto-Seite mit der Heidi-Seite..... 

weiter bei "Heidi und Otto"

 

Die Vergangenheit 

Auf Drängen vieler Freunde habe ich mich entschlossen, über meine Erlebnisse, die ich hier nachfolgend nur flüchtig aufführe, ein Buch zu schreiben. Mut machten mir mein Mann und eine Freundin, die selbst schon veröffentlicht hat. Deshalb folgen hier nur noch kurze Details, die dann in meinem zukünftigen Buch ausführlich beschrieben werden. Wenn es dann veröffentlicht ist, werde ich es auf meiner HP vermerken. Ich hoffe, dass euch die nachfolgenden Zeilen neugierig machen auf mehr ... 

Meine "Wurzeln"
Ehrfürchtig halte ich sehr alte über hundertjährige Dokumente - darunter Geburtsurkunden - in Händen. Zerfleddert und vergilbt empfinde ich diese Schriftstücke als Kostbarkeiten. Was könnten diese Dokumente erzählen über den Aufenthalt der Personen, ihr Leben, ja Überleben, in der damaligen Zeit. Deshalb greife ich hier auch etwas weiter zurück, als anfangs beabsichtigt. Ich denke, der eine oder andere Besucher wird sich vielleicht - ebenso wie ich - mit seinen Gedanken zurückversetzt fühlen, in eine längst vergangene Epoche.
Auch die Fotos, die mir vorliegen, ähneln in keiner Weise unseren heutigen. Damals gab es noch keine Farbfotografie. Die Frisuren und die Mode mag uns schmunzeln lassen. Umgekehrt würde es sicher genauso sein. Wer weiß wie unsere Nachfahren über unsere heutige Kleidung lächeln werden. Und so beginne ich meinen "Rückblick" bei meiner Großmutter.

Meine Großmutter

Unter dem Namen Adelheid Grandl wurde sie am 9. Mai 1884 geboren. Ein waschechtes Wiener Kindl, mit blauen Augen und blondem Haar. Der Vater Josef besaß eine eigene Maschinenbaufabrik und wurde später vom Kaiser "geadelt", wegen besonderer Verdienste am Kaiser und Vaterland. Viele "Auftritte" bei Hofe folgten - Wohlhabenheit spielte schon in der damaligen Zeit eine große Rolle. Meine Großmutter wurde von Kind an im Kloster (Internat) erzogen und musste dort alles lernen, was für eine "Höhere Tochter" im Leben wichtig war. Es zielte doch alles auf eine standesgemäße Heirat hin. Aber es kam ganz anders und meine Großmutter konnte auf ein bewegtes Leben mit vielen Höhen, aber noch mehr Entbehrungen und Leid blicken ... 

Hier noch zwei Bilder: links meine Großmutter und meine Mutti 1921 - Mitte: Großvater-Bartosch, Großmutter und Mutti 1926, rechts zweiter Mann der Großmutter - 1939

Im Jahre 1928 zog Großmutter mit ihren beiden noch lebenden Kindern, meiner Mutti und meinem Onkel Hans, nach Brünn der Hauptstadt von Mähren, der ehemaligen Tschechoslowakei.

Meine Eltern

Mein Vati wurde in Brünn geboren  im Jahre 1915 und lebte mit seinen Geschwistern auf einem Bauernhof, genannt der "Rote Berg". Rote Erde - roter Boden - "Roter Berg". Sein Leben als Kind war schön aber entbehrungsreich. Schule, Ausbildung und dann folgte dieser unselige Krieg, der ihn am Ende an die Ostfront führte. 

Meine Mutti, auch im Jahre 1915 geboren,  lernte in Brünn bei einem Juden als Verkäuferin in einem Stoffgeschäft und bekam die Möglichkeit, das Schneiderhandwerk nebenbei noch zu erlernen. Das kam ihr damals und vor allen Dingen nach dem Krieg sehr zunutze. 

Und so lernten sich meine Eltern kennen und lieben. Mit 21 Jahren heirateten sie und zogen in ein der Familie meines Vatis gehörendes Mietshaus in der Stadt. Es folgten ein paar wunderschöne Jahre, bis ... 

Im März 1939 marschierte Hitler in Mähren ein und "befreite" dieses Deutsche Protektorat. Der Zweite Weltkrieg veränderte das Leben dieser Menschen gravierend. Vor allen Dingen das Leben der Juden ... 

Am 12. März 1941 wurde ich dann geboren. Da alle jungen und jüngeren Ärzte an der Front waren, entband meine Mutti mit Hilfe eines schon ziemlich alten Professors. Mit rabenschwarzen Haaren und ebensolchen Augen hielt sie mich endlich in Händen ... 

Hier noch ein paar Bilder: Das Bild mit Kinderwagen stammt vom April 1942, mit Mutti beim Christbaum ist Weihnachten 1942 aufgenommen worden und das rechte Bild ist vom September 1943.

Als kleines Kind erlebte ich schöne, aber auch viele schreckliche Dinge. Eigenwillig war ich schon immer und ich wusste auch, was ich will. Brünn war das Ziel vieler Bombenangriffe, unter denen wir zu leiden hatten. Meine Mutter wurde als Luftwaffenhelferin eingezogen, was auch mein Leben gravierend veränderte ... schreckliche Erlebnisse folgten bis ... 

Mein Vater war anfangs am Fliegerhorst Brünn und später in Danzig stationiert, bis auch er an die Frost musste, obwohl nur kriegsverwendbar Heimat.

Im April 1945 stellten uns die Tschechen vor die Alternative, entweder die deutsche Nationalität aufgeben, oder .... und so wurden wir bei Nacht und Nebel aus den Betten gerissen und aus der Heimat vertrieben, nur mit dem, was wir auf dem Leibe trugen. Es war eine schreckliche "Reise", der in die Annalen eingegangene "Todesmarsch von Brünn nach Wien. 

Die Stationen der Reise kann ich noch anhand der "Reiseunterlagen" belegen. Letztendlich kamen wir in Wien - Klosterneuburg - an, wurden mit dem Nötigsten versorgt. Großmutter kam bei Verwandten im amerikanischen Sektor unter, wir wurden im russischen Sektor aufgenommen. Dort erlebten wir eine besonders schreckliche Episode, woraufhin sich Mutti bei den Amerikanern zur Ausreise nach Deutschland meldete. Selbst am Bahnhof kam es noch zu einer Eskalation, die mich fast für immer von meiner Mutter getrennt hätte ... 

Hier in Deutschland kamen wir in eine kleine Gemeinde in Baden-Württemberg. Eine der sehr schönen Überraschungen war, dass meine Großmutter erfuhr, dass ihr Sohn noch am Leben ist. In französischer Gefangenschaft wohl, aber ... Nach einem regen Schriftwechsel, die Gefangenenpost habe ich vorliegen, wurde er entlassen und es folgte ein Neubeginn, der nicht ganz einfach war. 

Links ein Bild meines Onkels aus der damaligen Zeit, rechts 1950 mit mir und Mutti:

Am 17.11.1966 verstarb mein Onkel an einer Bronchitis, die das Herz angriff.

Von den Amerikanern wurden wir bei einer Bauernfamilie einquartiert, die darüber nicht sehr glücklich war. Viele Schwierigkeiten und teilweise auch Anfeindungen kamen auf uns zu. Auch war das neue Leben auf dem Lande nicht ganz einfach, überhaupt für meine Mutti. Mein Vati und ich hatten da keine so großen Probleme. Viele Erlebnisse verknüpfen sich mit dieser Zeit, lustige, traurige und nachdenkliche ... 

Dann bekamen meine Eltern Gelegenheit an den Rand des Ortes zu ziehen, es war eine alte Mühle, die nicht mehr in Betrieb war. 
Meine Großmutter und Onkel Hans blieben bei den Bauersleuten wohnen.
Beim Besitzer dieses Anwesens konnte mein Vater arbeiten. Die Mühle selbst war nicht mehr in Betrieb, der Besitzer hatte sich eine Schnapsbrennerei installiert. Unser neues Zuhause war eigentlich nur ein teilweise gemauerter Holzschuppen, aber mein Vater baute diesen aus und renovierte unsere neue Behausung so weit es unsere Mittel erlaubten und Mutter tat das ihre dazu, dass wir so komfortabel wie möglich untergebracht waren. Sehr bescheiden lebten wir, was die Ausstattung unseres neuen Heims betraf ... 

Ich genoss das Leben draußen in der Natur, Vater und Mutter, beide sehr naturgebunden,  unternahmen mit mir Ausflüge. Die Wiesen um unser neues Zuhause, der Wald in unmittelbarer Nähe, es war für mich herrlich. Vieles lernte ich in der damaligen Zeit über Pflanzen und Tiere kennen. Auch war das "Überleben" nicht einfach für uns, was das leibliche Wohl betraf.Noch mehr Vertriebene waren dort draußen in der alten Mühle einquartiert. Diese konnten aber in einem größeren festgemauerten Gebäude wohnen. So hatte ich auch im Nu Freundinnen. 

Eines Tages, ich hielt mich vor unserer "Behausung" auf, kam ein fremder Mann auf einem Fahrrad daher gefahren. Er musste mich kennen, denn er machte Anstalten, mich anzusprechen. Aber ich hatte fürchterliche Angst. Sehr einfach war er gekleidet und das Fahrrad war zusammen gebastelt.  

Schnell rannte ich in unser Zuhause und versteckte mich bei meiner Mutter, worauf sie draußen nachschauen ging.
Auf einmal hörte ich sie weinen und den fremden Mann ebenfalls. Neugierig lief ich Mutti hinterher. Mittlerweile hatten sich die Beiden wieder etwas gefangen und Mutti erklärte mir: Das ist Dein Onkel Rudl (Rudolf), er ist Vatis Bruder ... 

Das Bild zeigt meinen Onkel mit mir aber erst im Jahr 1953.

 

 

Ein wunderschönes Katzenbaby bekam ich vom Mühlenbesitzer geschenkt. Es war ein Kater und wir nannten ihn "Mozl", wie der Name zustande kam, weiß ich nicht mehr. Was hatte ich mit diesem Tier für herrliche Erlebnisse ...

Oft hatten wir kein Wasser in unserer Behausung, wenn es besonders heiße und trockene Sommer waren, dann kam aus dem alten Brunnen, bei dem man noch mit einem Hebel pumpen musste, kein "Nass" mehr an die Oberfläche. Lebensmittelkarten wurden uns ausgehändigt, aber es gab die Dinge, die darauf vermerkt waren, meistens nicht. An die Hülsenfrüchte, die aussortiert werden mussten, erinnere ich mich noch lebhaft ... 

Mutti bekam Küken geschenkt, von denen nur eines überlebte. Das Huhn "Gocko" war ein besonderes Tier, mit dem wir viel außergewöhnliche Erlebnisse hatten ... 

Was habe ich damals nicht alles an Eindrücken in mich aufnehmen dürfen und müssen. Durch die anderen Vertriebenen in der Mühle wurde das Brauchtum der Heimat gepflegt. An die Weihnachtszeit werde ich da erinnert und einige schöne Begebenheiten ... 

Und dann kam ich zur Schule. Unter welchen Bedingungen mussten wir anfangs lernen ... 

 

Am letzten Haus der Ortschaft, unser weiterer Heimweg lag danach sehr einsam,  häuser- und menschenleer vor uns, lebte ein Ziegenbock. Er war weiß, mit schwarzen Flecken und hatte einen richtigen Bart. Den musste ich immer vorher beruhigen, damit er auch meine Freundinnen vorbei ließ. 

 

 

Ein Schulbild vom Frühjahr 1948 - ich mit Schleife in der Mitte, rechts beim Sportfest im Herbst.

 

 

Um unserer lieben Verblichenen in der Heimat zu gedenken, hatte Mutti sich was Besonderes ausgedacht ...

Wir sprachen dann über meine andere Oma, die "Babi vom roten Berg", die 1945 gestorben war. 
  

 

Wieder ein Weihnachten und wir waren bei meinem Onkel Rudl und überraschten ihn und die Tante. Das war eine beschwerliche Reise ... Das Fest selbst vermittelte eine Harmonie und Herzlichkeit, die heute oft fehlt ... 

 

 

Die Tante überraschte meine Eltern noch mit einigen Fotos, die sie aus der Heimat retten konnte. 

Links mein Vati im Juni 1943, daneben meine Mutti im November 1944, rechts daneben meine Tante Mitzi mit Vati, Mutti und mir im Sommer 1943. Das Haus der Familie war über eine Treppe erreichbar und zu den Wohnungen führte eine Art Außengang. Dort waren alle Türen angebracht. 

Auch von mir besaß die Tante noch einige Bilder.

Von meinem Cousin ein Bild dabei, er war genauso alt wie ich und nahm sich mit 18 Jahren das Leben .. mysteriös waren seine vorherigen Monate und ich machte mir Vorwürfe .... 

Das Bild von meinem Cousin Gerhard ist vom Juni 1944, das andere Bild, auf dem man mich typisch "trotzig" erkennen kann, ist vom September 1944

Auch Bilder von meinen Großeltern, auf denen meine Mutti mit dabei ist mit mir, hatte die Tante noch aus der Heimat retten können. Das linke Bild ist vom April 1944, die beiden rechts vom September 1944. 

Am nächsten Tag borgte sich der Onkel einen Schlitten und wir fuhren in der unberührten Natur den Berg hinunter. Dann ging es wieder hoch und so fort. Es war für mich ein einmaliges Weihnachten. 

Am zweiten Weihnachtsfeiertag mussten wir wieder zurück, Vati musste arbeiten. 

Dann folgte ein Schulwechsel in die nächste Kreisstadt, Vati bekam Arbeit in der Landeshauptstadt. Wieder eine neue Wohnung, wo wir nicht willkommen waren ...

Viele Erlebnisse folgten, wieder waren einige sehr traurig, andere wieder schön. So konnten wir zu meinem Onkel Karl Verbindung aufnehmen, der noch in der Tschechei lebte, da er mit einer Frau von dort verheiratet war. Aber er war nicht glücklich ... 

All diese Ereignisse und Erlebnisse gehen unter die Haut. Es sind schreckliche, schöne, lustige, traurige und viele nachdenkliche dabei. Lange habe ich daran geschrieben, bis ein Buch zustande kam, da ich immer wieder aufhören musste, wenn mich die Vergangenheit emotional einholte. Nun werde ich diese Zeilen einige Zeit ruhen und dann prüfen lassen, bevor ich es in Druck geben werde. 

Und nun ist es geschafft ... mein erstes eigenes Buch ist fertig, siehe auf dieser HP.

Und auch das zweite ist schon zu haben.

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