Urlaub 2007

Vorwort:
Es war einmal … beginnen viele Märchen.

So begann bereits vor Jahren eine ehrliche und aus den Herzen kommende Freundschaft im Web. Ein Internetklub bot durch kostenlose Mitgliedschaften verschiedene Möglichkeiten für Menschen im „Feierabend“-Alter an, sich kennenzulernen.
Die seltsamsten Nicks wurden gewählt und es herrschte und herrscht noch immer eine rege Beteiligung in Foren, Chats, dem Poesiealbum und Gästebuch.
Gefiel ein Eintrag, meldete man sich bei diesem Mitglied und erfuhr auch die private Mail-Adresse, trat somit in Kontakt miteinander. Man gewährte Einblick in sein Familienleben, teilte Freude, Leid, Schmerz, Kummer … und und und … miteinander.

Welch ein Glück, dass auch mir das passieren durfte. Ich lernte Wolfgang – anfangs unter seinem Spitznamen – kennen. Er ist ein besonders feinfühlender Mensch, was ich als herrlich empfand. Wir entdeckten viele Gemeinsamkeiten, freuten uns aber auch an Gegensätzen. Mit der Zeit wurden unsere Partner mit einbezogen. Wir telefonierten … das waren Sternstunden. Immer enger rückten wir zusammen und oft richteten wir uns bei Problemen gegenseitig wieder auf.
Es war und ist ein Geben und Nehmen. Fotos flogen per E-Mail durch das Internet und wir konnten uns nun auch in „die Augala gucka“.
Leider war die Entfernung zu groß, um sich treffen zu können. Trotzdem wurde dieser Wunsch immer größer, zumal unsere Partner immer mehr in die elektronische Verbindung und Telefonate mit einbezogen wurden.

Und dann lautete der Beschluss: WIR MÜSSEN UNS TREFFEN!

Ende 2006 war es soweit und wir legten in etwa das Datum fest. Das Zusammenkommen sollte im Wonnemonat Mai des darauf folgenden Jahres stattfinden, die Krönung unserer Freundschaft.
Anfang 2007 ging Wolfgang auf die Suche und wurde fündig. Eine sehr günstige Ferienwohnung würde für unseren Aufenthalt zur Verfügung stehen. Nach einigen Telefonaten – auch mit Rita Wolfgangs Frau - war alles perfekt und unser Termin stand fest: Anreise 19. Mai – Abreise 26. Mai.

Dieses Datum rückte immer näher. Tage vorher waren wir daheim beschäftigt, den Blumenschmuck – nachdem die Eisheiligen vorbei waren – anzubringen. Es wurden Kästen und Schalen bepflanzt und auch im Haus noch einiges erledigt.
Da es doch noch ziemlich kühl war, entschlossen wir uns warme Kleidung ebenso mitzunehmen, wie leichte. Am Tag vor unserer Abreise wurden die Koffer gepackt und am nächsten Morgen ging es um sieben Uhr los.
Unser zuverlässiger Navigator ließ uns ganz entspannt diese Reise antreten.
Nach zwei Pausen waren wir nach zirka fünf Stunden am Zielort.

 

Langsam steuerten wir „Am Osterberg 15“ an …

und dann stand schon unser Mail-Freund Wolfgang auf der Straße und wies uns einen Parkplatz zu. Ich schien ihn schon oft gesehen zu haben, so vertraut war er mir.
Es waren herzliche Umarmungen und unsere Herzen müssen im Gleichklang geschlagen haben, bei Wolfgang, Otto und mir.
Die Kamera gezückt machte Wolfgang die ersten Filmaufnahmen von uns, als wir beim Öffnen des Kofferraums waren. Hatten wir doch ein paar Blümchen für Rita dabei. Diese stand dann ebenfalls plötzlich auf der Straße und nun lagen auch wir uns in den Armen und die Freuden- und Begrüßungsschreie waren sicher weit zu hören.
Rita hatte was Leckeres für uns gekocht und nach dem Verteilen der Mitbringsel herrschte Stille, denn das Essen schmeckte herrlich. Danke Rita für deine herrliche Bewirtung!

Anschließend fuhren wir Wolfgangs Auto nach, der uns zu unserer Ferienwohnung lotste.
Das Gebäude ist 350 Jahre alt und steht unter Denkmalschutz. Es handelt sich um das ehemalige Pfarrhaus, direkt neben der Kirche, wo sich auch noch – wie früher – ein kleiner Gottesacker befindet.

 

Auf einem Tisch Willkommensverse von Wolfgang und Rita mit zwei großen Marienkäfern und einem kleinen Fläschchen Sekt.

Im Haus schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Als heimelige Puppenstube präsentierte sich die Ferienwohnung, die für eine Woche unser Daheim sein würde.
Mehrere Möglichkeiten um zu nächtigen und eine romantische unter „Sternenhimmel“.
Das Treppenhaus mit seiner freien Holztreppe ist dekoriert mit altem Spielzeug und Puppen einer längst vergangenen Epoche – wunderschön.

Wir wurden anschließend bei Wolfgang und Rita noch verköstigt und nachdem wir uns gegenseitig das Neueste erzählt hatten, ging es ab zum Schlafen.
Es war in der Dunkelheit jeden Abend eine Reise in eine andere Welt. Da bei mehreren Häusern Teiche angebracht waren, begleitete uns das Konzert der Frösche zu unserem Domizil. Dort war der Kirchturm bereits angestrahlt und vermittelte ein herrliches Gefühl des Friedens und der Geborgenheit.
Bei weit geöffneten Fenstern hörten wir anfangs die Kirchturmuhr schlagen, was uns später in unseren Träumen begleitete. Die Nachtigall sang uns ihr Lied in einer dunklen Nacht und morgens hörten wir die Stare „schwätzen“, die ihr Nest über unserem Fenster anflogen, um ihre Brut zu füttern. Es war eine besonders schöne Idylle. Und wem singt schon einmal tatsächlich die Nachtigall?

Kirche und Seitenansicht des alten Pfarrhauses:

Am nächsten Tag erwachten wir erfrischt und gekräftigt und wurden zum Frühstück abgeholt. Mit Wolfgang gemeinsam liefen wir die kurze Strecke zu ihm ab, damit wir uns die nächste Zeit nicht verlaufen können. Die gute Luft tat gut, denn es sollte nun auch richtig warm, ja fast heiß werden laut Wetterbericht, der ausnahmsweise recht hatte.

Ein gemeinsamer Spaziergang ließ uns die Umgebung von Apelnstedt erkunden.

links: Unsere Freunde Rita und Wolfgang       -      rechts: Auch ein Windrad war in der Nähe. 

 

Eine urige Holzbank - wir nannten sie "Rentnerbank" unter einem Schatten spendenden Baum lud uns ein.

Auf der Tafel:
Bi aller Hast, mak hier mal Rast.


 

 

Umgebung von Apelnstedt:

Drei mit Wald bedeckte Höhenzüge: Elm, Asse, Oderwald

Elm 323 m hoch, größter zusammen hängender Buchenwald Norddeutschlands.

Tetzelstein
Hier die Geschichte wie der Ort mit Gaststätte seinen Namen bekam:
Zur Lutherzeit soll sich der Ablasshändler Tetzel rund um die Marien-Wallfahrtskirche in Küblingen aufgehalten und den Leuten nach dem Motto „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt“, gegen Geld die begangene Sünde erlassen haben. Als der Ritter Hagen aus dem Helmstedtischen fragte, ob er sich auch von noch nicht begangenen Sünden freikaufen könne, bejahte Tetzel eifrig. Der Ritter bezahlte, überfiel Tetzel am folgenden Tag und raubte ihm alle Ablassgelder.

Asse 210 m hoch mit einer Länge von 10 km und einer Breite von 3,5 km
Von Botanikern als Kostbarkeit empfunden wegen seltener und vom Aussterben bedrohter Flora. Durch steile Hänge, Wärme der Sonneneinstrahlung und schnelle Verdunstung haben dort viele seltene Pflanzenarten Jahrhunderte überdauert.

Der Oder: Mischwald aus Buchen, Hainbuchen, Eichen, Fichten und Lärchen.

Königslutter:

Nachdem wir wieder von unseren Freunden hervorragend verpflegt worden waren, führte uns die Fahrt am Nachmittag nach Königslutter.

In der Nähe des „Museum Mechanischer Musikinstrumente“ steht die Stiftskirche St. Peter und Paul, die heute allgemein Kaiserdom genannt wird und gehört zu den eindrucksvollsten romanischen Bauten in Niedersachsen.

 
 

Lothar von Süpplingenburg, seit 1125 deutscher König und seit 1133 deutscher Kaiser, stiftete sie im Jahre 1135 als Klosterkirche des von ihm gleichzeitig gegründeten Benediktinerklosters und gab ihr die Gestalt einer dreischiffigen kreuzförmigen Pfeilerbasilika.

links der Eingang und rechts ein Teil der Rückansicht:

Besondere Bedeutung erlangte der Kaiserdom durch den reichen künstlerischen Schmuck, den ihm ein italienischer Steinmetz, der Meister von Königslutter, wie er in der Literatur genannt wird, gab.

Der Kreuzgang an der Südfront des Domes gilt als der schönste in Norddeutschland, der rätselhafte Jagdfries an der Außenwand der Hauptapsis ist einzigartig in der gesamten romanischen Kunst, und das Löwenportal an der Nordseite gehört mit zu den eigenwilligsten romanischen Portalen in Deutschland.

Kreuzgang:

Die Decke des Hauptschiffes war ursprünglich flach, Chor und Querschiff waren bereits gewölbt. Es sind dies die ersten Großgewölbe nördlich des Harzes.

Wir saßen im Dom und ein Orchester probte ein Stück von Haydn. Nach ein paar verunglückten Anfängen berührte uns das Spiel, das nach lieblichen Passagen zur Gewaltigkeit anschwoll, um erneut abzuebben. Lange saßen wir dort, hörten zu und genossen die Kühle des Raumes.


Kaiser Lothar III. starb am 04. Dezember 1137 in Breitenwang/Tirol und wurde in der Silvesternacht 1137 im noch unvollendeten Dom beigesetzt. Ihm zur Seite liegen seine Gemahlin Richenza (+ 1141) und beider Schwiegersohn und Vater Heinrich des Löwen, der Bayernherzog Heinrich der Stolze (+ 1139) sowie ein Kind, vermutlich ein früh verstorbener Sohn des Kaiserpaares.

Die uralte Kaiser-Lothar-Linde auf dem früheren Klosterhof sieht sehr imposant aus.


Schöppenstedt:

Durch Schöppenstedt, der Till-Eulenspiegel-Stadt, ging es heim. Es ist der Geburtsort vom Till, was nicht zu übersehen ist. Man begegnet dem lustigen Gesellen an jeder Haus- oder Straßenecke. In Stein gemeißelt, oder bunt aufgemalt auf Holz. Überall Tafeln, man kann es also nicht übersehen, dass dieser „Narr“ hier geboren wurde.

Narrenweisheit:
Als vor Zeiten wieder einmal eine derartige Hitze über das Land gekommen war, dass es Bratäpfel regnete, fürchteten die Bauern um ihre Ernte. Ein Neunmalkluger wusste Rat, er hatte doch gehört, dass ein Braunschweiger Apotheker Gewitter machen könne und dieses auch verschreibe.
Also wurde Wieschen Langebartels, immer die erste in ihrer Klasse, beauftragt, sich mit ihrer Kiepe zu Fuß nach Braunschweig aufzumachen. Ein Gewitter sollte sie besorgen, aber ohne Blitz.
Apotheker Münnich hörte sich ihren Wunsch an und versprach ihr ein tüchtiges Gewitter mit viel Regen. Sie sollte in einer halben Stunde wieder kommen.
Danach überreichte er ihr eine Schachtel, die sie sehr vorsichtig tragen und ja nicht öffnen solle. Wieschen bedankte sich und machte sich auf den Heimweg. Da es aber nun sehr warm war, fingen die Bienen in der Schachtel an zu summen und verbreiteten ein beängstigendes Geräusch. Das erschrockene Wieschen bekam es mit der Angst, dass schon vorzeitig der Blitz einschlagen könne. Und so schob sie nur ein ganz klein wenig an dem Deckel, um nachzuschauen, was sich in der Schachtel zusammen braute. Da brauste plötzlich der ganze Bienenschwarm in einer dunklen Wolke heraus und flog zurück in Richtung Braunschweig.
Wieschen riss ihre Schürze herunter und schwenkte sie kräftig hin und her: Nach Schöppenstedt, nach Schöppenstedt, brüllte sie aus Leibeskräften. Und richtig der Schwarm bog ab, aber leider dem Nachbarort Eitzum zu.
Zu Hause angekommen, ärgerten sich die braven Schöppenstedter mit Wieschen über das Missgeschick der gewissermaßen falschen Adresse.
Entschlossen griffen sie zu Dreschflegel und Rechen und brachen, während tatsächlich die ersten Tropfen fielen, eine gewaltige Rauferei vom Zaun.
Als sie vor Gericht kamen, wurden sie nicht nur tüchtig verspottet, sondern mussten noch ein zweites Gewitter bezahlen. Seitdem haben sie kein Gewitter mehr bezahlt.

Wolfenbüttel:

Am Montag fuhr Wolfgang mit uns nach Wolfenbüttel, um uns das riesige Pflegeheim zu zeigen, in dem er bis zu seiner Pensionierung gearbeitet hatte.


Mit allem ausgestattet, mutete es wie eine kleine eigenständige Stadt an. Unser Freund war mit allen Menschen dort noch sehr vertraut, ob es sich um die Bewohner oder das Pflegepersonal handelte und wurde deshalb mehr als freundlich begrüßt.

Hinterher machten wir einen Besuch bei „St. Johannis“ in Wolfenbüttel.
1661 – 1663 wurde in schwerer Notzeit und Armut nach dem Dreißigjähren Kriege dieses Gotteshaus in der Augustusstadt von den Bürgern der neuen Augustusstadt mit Hilfe des Herzogs August als Fachwerkkirche errichtet.

In der Baugeschichte kann man folgendes erfahren:
Professor August Fink, hat die Legende berichtigt, nach der St. Johannis eigentlich die wieder aufgebaute Kirche „Zur Heiligen Dreifaltigkeit“ aus dem Gotteslager sei.
Das Äußere ist ein schlichter dreischiffiger Fachwerkbau auf einem Steinsockel. Der verkürzte Chor entspricht nicht dem ursprünglichen Bauplan. An das Richtfest im Mai 1663 erinnert eine Steintafel mit lateinischer Inschrift.

Die Ausstattung der Kiche
Der Hochaltar mit einem Altarbild von Christoph Gaertner um 1610
Die Kanzel aus Holz aus dem Jahre 1595 zeigt Moses als Kanzelträger und die Bilder der Evangelisten an den Kanzelwänden.

Die Taufe aus Holz stammt aus dem Jahre 1598 und ist aus einem Sechseck gebildet.

Die Herkunft des Ölgemäldes „Das Martyrium des heiligen Sebastian“ ist ungeklärt. Es stammt vermutlich von einem holländischen Maler und ist am Anfang des 17. Jahrhunderts im Stil Adam Elsheimers gemalt. Es zeigt den an einen Baumstumpf gebundenen Märtyrer mit Bogenschützen vor dem Grabmal der Caecilia Metella an der Via Appia in Rom.

An der linken Chorwand die Stuckarbeit: Christus mit der Weltscheibe in der Hand.
An der rechten Chorwand, Stuckarbeit: Johannes der Täufer mit einem Buch in der Hand.
Die Dankbarkeit zu ihrem Landesvater zeigt sich in den von Blattkränzen eingerahmten Stuckmedaillons des Herzogs August und seiner Gemahlin Sophie Elisabeth mit ihren Wahlsprüchen „Alles mit Bedacht“ und „Geduld überwindet alles.

Aus dem Gewölbescheitel schwebt ein Engel mit Kelch und Ölzweig hervor. Sein segnender Arm tritt frei heraus.

 

Die Orgel stammt aus Schloss Hessen. Das Gehäuse wurde 1595 für die Schlosskapelle geschaffen.

Der Gottesacker um die Kirche war für die Bestattungen der Auguststädter Bürger vorgesehen. Vornehme Gemeindemitglieder konnten Grüfte im Kircheninneren erwerben.

Hermann Korb (1656 – 1735), Landbaumeister, bestimmte über vier Jahrzehnte die Baukunst des Herzogtums entscheidend. Sein schlichter Grabstein berichtet von seinem Leben. Das Kirchenbuch vermerkt, dass er „still beigesetzt“ wurde. Mit Frau und Sohn hat er in der Kirche seine letzte Ruhestätte gefunden.

Text auf der Tafel seines Grabsteins:

„MEIN LESER
DIESE SCHLECHTE HÜTTE
UMSCHLIESSET
EINEN DER SCHLÖSSER GEBAUET
UND PALLÄSTE AUF GEFÜHRET
ES IST
HERR
HERMANN KORB“

Dann wird auf seine Geburt eingegangen und sein Leben
Weiter heißt es:

„DER TOD ABER RIES
IN SEINEM LXXX.JAHRE D:23 DEC: MDCCXXXV
SEINEN KÜNSTLICHEN LEIBES BAU EIN
DOCH SINCKT DER BAU
SO FALET DER GRUND DOCH NICHT
SEIN GLAUBE STEHT:
BLEIBT HIMMEL ANGERICHT
DENN WER WIE ER
AUF SEINEN GOTT VERTRAUET
HAT AUF DEN FELS
UND NICHT AUF SAND GEBAUET“

Der östlich der Kirche freistehende gedrungene Glockenturm hat eine besondere Geschichte. Bereits kurz nach der Kirchweihe erwies sich der Turm auf der Kirche als Fehlkonstruktion. Das Geläut der schweren Glocke erschütterte das Fachwerkgebäude. Eine von Herzog August angeordnete sofortige Überprüfung führte zum Bau eines hölzernen Glockenstuhls, der 1693 durch einen massiven, steinernen Glockenturm ersetzt wurde.

Das Pfarrhaus für den ersten Geistlichen stand in der Hauptstraße und gehörte zu den Häusern, die in der ersten Bauzeit zwischen 1653 – 1658 entstanden waren. Es ist nicht mehr erhalten.

Am Montag Nachmittag erwarteten Wolfgang, seine Frau Rita und Otto, sowie auch ich, den Besuch einer weiteren lieben Mailfreundin, der Susanne.

links wir drei Frauen und rechts Wolfgang beim Vorlesen

Auch hier war die Herzlichkeit mit uns zu Gast und wir verstanden uns alle auf Anhieb.
Nach dem Auspacken unseres kleinen Mitbringsels und etwas Süßem, tranken wir Kaffee und dann schwappte die Unterhaltung über. Es waren Stunden, die wir immer noch vor uns sehen und sie nicht mehr missen möchten.

 

Wolfenbüttel

Dienstag brachen wir erneut nach Wolfenbüttel auf, dieses Mal war auch Rita dabei.
Unser Stadtrundgang begann, nachdem wir das Auto abgestellt hatten, am Stadtgraben.
Am Holzplatz präsentiert sich mächtig die Trinitatiskirche, die auf den Resten des alten Kaisertores, dem ursprünglich einstigen Haupteingangstor in die Residenz, von Hermann Korb um 1719 errichtet wurde. Diese protestantische Predigtkirche hat eine reich gegliederte barocke Fassade und zählt mit ihren flankierenden Türmen und ihrem achteckigen Innenraum zu den originellsten Bauten der Residenz.

Durch den rechten der Torbögen (von hier aus gesehen)  gingen wir Richtung Innenstadt.

Auf einer kleinen „grünen Insel“ inmitten des Verkehrs beeindruckten uns diese Figuren

 

Dann erblicken wir die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis. Der herzögliche Baumeister Paul Francke verschmolz in diesem Bau 1608 Stilelemente der Gotik, der Renaissance und des Barocks. Bemerkenswert die reichhaltigen Portale und der Reliefschmuck.

 

Der Innenraum ist reich ausgestattet. (Altarraum und Orgel)

Eine Weile saßen wir andächtig in diesem ersten bedeutendsten Kirchenbau des Protestantismus der Heinrichstadt. Dann zündete ich eine Kerze an und schrieb ein paar Dankesworte ins Kirchenbuch. Kurz vor dem Verlassen des Gotteshauses begann die Orgel uns mit feierlichen Tönen zu erfreuen.

In der Innenstadt beeindruckte uns der Stadtmarkt, der nach 1600 erschaffen wurde – (Figur am Brunnen Herzog August)

Das Rathaus befindet sich in einem 1602 fertig gestellten Bürgerhaus, das vom Rat der Stadt erworben wurde.
Das folgende Haus ist die 1609 erbaute Ratswaage zur Kontrolle der Maße und Gewichte. Hier hängt heute noch die Norm-Elle und eine der Waagen. Über dem Portal steht ein Spruch aus dem Alten Testament, der zum Gebrauch von rechtem Maß und Gewicht mahnt, sowie eine Abbildung des Stadtwappens.
Die weiteren Häuser sind ehemalige Bürgerhäuser aus dem 17. Jahrhundert. Es reihen sich dort Fenster an Fenster und wir erfuhren, dass dafür früher eine „Fenstersteuer“ bezahlt werden musste.
Die Alte Apotheke ist wohl das repräsentativste Hofbeamtenhaus mit prächtigen Erkern, Zwerchhäusern und einem Wilden Mann zur Abwehr böser Geister als Eckknagge.

Es folgen die Krambuden (Fußgängerzone) mit einer verwinkelten Struktur. Nur handelstreibenden Krämern wurde es erlaubt, Verkaufsstände auf einer Laden-Brückenstraße aufzubauen, um die Sicherheit der inneren Residenz nicht zu gefährden.

Das leibliche Wohl durfte nicht zu kurz kommen und wir waren zum Essen beim Chinesen. Fremdländisch mutete uns das Lokal an. Schon die Musik, die Innenausstattung und auch die Besitzer nebst Bedienungen bestätigten uns den Eindruck einer anderen Kultur. Es war sehr schön und wir wurden freundlich willkommen geheißen und bestens bedient. Die Speisen waren köstlich.

Anschließend erhielten wir Einblick in die Lange Herzogstraße, einer Hauptgeschäftsstraße. Ihr Reiz, die breit gelagerten Fachwerkgebäude, die sich mit den Aufzugsluken als Handelshäuser ausweisen, in denen die Waren in den Speichern unter dem Dach gelagert wurden.

Das Bankhaus Seliger konnten wir auch etwas abseits erblicken.

 

 

Klein Venedig ist der letzte Rest einer der wenigen erhaltenen Grachten – von holländischen Städtebauern im späten 16. Jahrhundert angelegt – die das Stadtgebiet planmäßig durchzogen.

 

 

 

Nun spazierten wir zum Schloss, das ursprünglich eine Wasserburg war und erst im 18. Jahrhundert das heutige Aussehen bekam.
Beim Betreten des Schlosses sieht man das Monogramm des herzoglichen Bauherrn August Wilhelm und seinen mahnenden Wahlspruch „Parta tueri – Erworbenes erhalten“.


 

 

 

Die barocken plastischen Figuren an der Brüstung und auf der Brücke sollen in allegorischer Form die Tugenden und Pflichten eines Landesfürsten versinnbildlichen.

 

 

Das Zeughaus wurde in den Jahren 1613 – 1617 errichtet und diente als Waffenarsenal für die seinerzeit sich hier befindenden größten Geschütze Deutschlands und als Kaserne.

Und dann begann unser Rückweg zum Auto.

Wir entdeckten das Lessinghaus, ein reizvolles spätbarockes französisches Parkschlösschen, erbaut als Hofbeamtenhaus. Es wurde 1777 dem seit acht Jahren in Wolfenbüttel tätigen Bibliothekar Gotthold Ephraim Lessing als Wohnung zugewiesen. Bis zu seinem Tode 1781 wohnte er hier.

Herzog August Bibliothek
Die im Jahre 1572 von Herzog Julius im Schloss gegründete Bibliothek war unter dem gelehrten Büchersammler und Friedensfürsten Herzog August die größte europäische Büchersammlung und wurde als achtes Weltwunder angesehen.
Das in den Jahren 1883 bis 1887 errichtete Bibliotheksgebäude ersetzte die baufällige berühmte Bibliotheksrotunde des 18. Jahrhunderts und wurde 1962 zu einer modernen Forschungsbibliothek umgestaltet.
Auch das schmalste Haus - zwei Meter breit - faszinierte uns.

  links die Herzog August Bibliothek                rechts das schmalste Haus

Am langgestreckten Gebäude des Waisenhauses, das um 1704 gebaut wurde, führte uns der Weg zum Auto.
Gänsehaut bei der JVA Wolfenbüttel. Im Innenhof des damaligen Strafgefängnisses Wolfenbüttel entstand im Herbst 1937 eine Hinrichtungsstätte, in der Todesurteile der deutschen zivilen und militärischen Gerichtsbarkeit vollstreckt wurden. Auch nach der Befreiung im April 1945 ließen die britischen Militärbehörden noch 67 Todesurteile vollstrecken.
Diese Hinrichtungsstätte konnte erhalten und im April 1990 in eine Gedenk- und Dokumentationsstätte für die Opfer der NS-Justiz umgewandelt werden.

Bei unseren Freunden daheim, erwartete uns wieder – wie immer - ein köstliches Mahl. Überhaupt begann jeder Tag mit einem leckeren und ausgiebigen Frühstück und je nach Essenszeit vernaschten wir eine warme, kalte Mahlzeit, oder Kuchen- bzw. Nachtischleckerei.
Ein herzliches Danke noch an Rita für diese Bewirtung.

Auch an diesem Abend sanken wir müde ins Bett und schliefen herrlich und traumlos bis zum nächsten Morgen.

 

Vienenburg

Am Mittwoch wollte uns Wolfgang nach Vienenburg entführen und uns das Altenheim zeigen, in dem er vor dem in Wolfenbüttel als Leiter gearbeitet hatte.
Wieder diese Herzlichkeit unserem Freund gegenüber, angefangen von der Putzfrau, Küchenhilfe bis hin zum heutigen Leiter.
Dem Park des Heims schließt sich ein See an, der ganz schön groß ist. Wolfgangs Sorge in der damaligen Zeit, dass einer der Heimbewohner sich dort einmal verirren und aus Versehen in den See gelangen könne.


Rita und ich beschlossen, das Gewässer auf einem Fußweg zu umrunden, während unsere Männer es sich auf einer Bank im kühlenden Schatten gemütlich machten. Es war sehr heiß und wir wollten uns am Auto wieder treffen, was auch hervorragend klappte.

Überhaupt verstanden wir vier uns alle prächtig. Aber auch wir Frauen hatten uns viel zu erzählen und ich denke, den Männern war es auch nie langweilig, zwischendurch auch über den PC zu fachsimpeln. Wir Frauen unterhielten uns in der Küche beim Spülen, Tisch decken und abräumen.

Bahnhof in Vienenburg

 

Auf dem Schild am Bahnhofsgebäude steht:
Vienenburg
Ältester, noch erhaltener Bahnhof Deutschlands

 

 

Der Donnerstag begann mit Regen, da es in der Nacht gewittert hatte. Trotzdem fuhren wir los, um eine weitere Erkundungstour zu unternehmen. Da uns das Wetter aber daran hinderte, gingen wir einkaufen und anschließend heim zu unseren Freunden.

 

Evessen

Nach dem Mittag hellte es auf und die Sonne erschien. Somit beschlossen wir einen erneuten Anlauf und fuhren nach Evessen.

Der sechs Meter hohe Tumulus (lat. „Grabhügel“) von Evessen zählt zu den schönsten und besterhaltensten Grabhügeln Niedersachsens. Ungewöhnlich ist, dass der Jahrtausende alte Grabhügel mitten in einem Dorf erhalten geblieben ist.
Seine ungestörte Bewahrung hat der steile Hügel mehreren Umständen zu verdanken. Unter dem Lindenbaum wurde über Jahrhunderte hinweg Recht gesprochen, bis 1808 tagte hier nachweislich das Vogteigericht. Und allein dies dürfte ausgereicht haben, um eine wilde Schatzgräberei zu verhindern.

Der zweite Grund für die Erhaltung besteht noch heute fort, er verbindet sich mit der Linde. Denn dem ungefähr 800jährigen Baum maß man in älterer Zeit wundertätige Kräfte zu.
In den Stamm der Linde sind zahlreiche Nägel eingeschlagen – dem Volksglauben nach ein Mittel, um sich von Zahnschmerzen zu befreien. Beim Einschlagen des Nagels muss der folgende Spruch gemurmelt werden. „Nagel, ick klage dick, min tan de plaget mik in mik vergeilt - in dik bestreit, dat mik sin lewe nist wedder angeit.“
Der Zauber scheint recht wirkungsvoll zu sein, denn bis zum heutigen Tag gibt es in Evessen keinen Zahnarzt.

Der Mensch ist aber neugierig. Und wenn wir wissen wollen, was der Hügel darstellt, können wir uns der legendären Überlieferung zuwenden. Demnach wäre es möglich, dass sich ein Riese einen Klumpen Lehm vom Stiefel gekratzt hat, und dann den Baum, den er zu diesem Zwecke ausgerissen hatte, oben in den Klumpen steckte. Wer nicht an Riesen glaubt, könnte immerhin in Erwägung ziehen, dass ein König in einem goldenen Sarg im Tumulus begraben liegt, wie eine andere Sage berichtet.
Trotzdem sind sich bis zum heutigen Tages alle Verantwortlichen einig, dass der Hügel nicht aufgegraben wird.

Eitzum

Eitzum war eine kleine Ortschaft in der Nähe. Wir besuchten die kleine lauschige Kirche. Etwas Besonderes durften wir dort entdecken. Der Innenraum war im Winter durch eine Glas-Falttür abteilbar und somit musste nicht das gesamte Gebäude beheizt werden. Auch hier ein paar Worte ins Kirchenbuch geschrieben und dann fuhren wir zu Wolfgang und Rita heim.

 

Der Freitag war unser Ruhetag, denn am nächsten Tag sollte es wieder auf die Reise in unsere Heimat gehen. So wie auch in den vorherigen Tagen immer etwas Zeit blieb, etwas vorzulesen, zu erzählen, zu lachen und auch ernste Gespräche zu führen, genossen wir diesen Tag in dieser Weise noch intensiver und nahmen uns füreinander viel Zeit.
Wolfgang begann einen Film über unseren Aufenthalt zusammenzustellen, den wir uns oft ansehen und dann wieder bei unseren lieben Freunden weilen. Am liebsten würden wir unsere Zelte abbrechen und sie in der Nähe Wolfenbüttels aufschlagen, was Wolfgang und Rita sehr freuen würde, wie wir erfuhren.
 

In unserer Ferienwohnung fanden wir liebe Worte der Hauswirtin vor. Am Schluss hieß es:

„Einen leckeren, geschmacklichen Erinnerungsgruß aus dem Pfarrgarten.“

Zwei hübsche Gläschen Marmelade – Holundergelee und Pflaumenmus.
Natürlich schlossen sich noch liebe Grüße und Wünsche an, die unterschrieben waren mit:

Gisela, Frank und Kater Schlumper …

Wir gingen an diesem Abend etwas zeitiger ins Bett und am nächsten Morgen erwartete uns das letzte leckere Frühstück bei unseren Gastgebern.
Da unser Gepäck bereits im Auto war, nahmen wir mit festen Umarmungen wehmütig Abschied.

Ein letztes Winken und schon waren wir hinter der ersten Straßenbiegung verschwunden. Die Fahrt heim verlief reibungslos, auch dank unseres Navigators.
Aber … unsere Freunden fehlten und fehlen uns immer noch!

Oft verweilen wir auf Wolfgangs Website unter: http://home.feierabend.com/bubbelpety/



Schlusswort:
Mit diesem Urlaubsbericht und vor allen Dingen dem Vorwort möchte ich Menschen, die sich ebenfalls übers Web kennenlernten Mut machen, Freundschaften zu vertiefen. Man MUSS, wenn die Zeit reif ist, diese „Beziehungen“ durch persönliche Treffen krönen.
Es war nicht das erste Mal, dass wir Internet-Freunde umarmen durften, die wir mögen und die auch wirklich so waren, wie wir sie uns vorstellten.
Selbst mit meiner Mail-Freundin aus den Staaten war diese Verbundenheit da.

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