Wilfrieds Reise nach Kanada
Wie jedes Jahr freute sich Wilfried auf seine Reise nach Kanada, um seine Verwandten und Freunde zu besuchen. Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, machte er es sich im Flugzeug bequem und genoss die Aufmerksamkeit der Stewardessen. Das Flugzeug befand sich bereits in der Luft und er äußerte seine Wünsche, die Getränke betreffend. Wunschlos glücklich schlummerte er ein. Sein Traum führte ihn schon Meilen voraus, an das Ziel seiner Reise.
Aber irgendetwas passte nicht zu diesem Traum! Davon wachte er irritiert auf. Schon stand eine der Stewardessen neben ihm und half ihm den Sitzgurt anzulegen. Auch die beruhigende Durchsage des Kapitäns hörte er noch aus dem Lautsprecher. Sie befanden sich mitten in einem Gewitter. Die Gepäckstücke kamen von oben angeflogen und seinem Nachbarn wurde das Glas aus der Hand gerissen. Wilfried wunderte sich, aber alle Passagiere blieben ruhig und diszipliniert. Auch er befand sich in einem äußert komischen Zustand. Er hatte das Gefühl, er stehe neben sich und beobachte sich selbst und alle anderen Passagiere. Es war überhaupt keine Angst in ihm, nur so ein spannendes Gefühl, was wohl passieren würde. Fasziniert und gebannt harrte er der Dinge. Das Flugzeug wurde gerüttelt und geschüttelt, sackte ab und fing sich wieder. Immer wieder tastete sich eine der Stewardessen durch den Gang, um die Reisenden zu beruhigen.
Aber alles ging gut und nach vierzigminütiger Verspätung kam der Flieger in Toronto an.
Dort wurde Wilfried schon erwartet. Das erste was er wahrnahm waren die besorgten Gesichter seiner Verwandten. Er wurde ganz herzlich umarmt, willkommen geheißen und konnte seine Lieben beruhigen.
Mit dem Auto ging es weiter zum Wohnort seiner Verwandten. In Toronto, der Hauptstadt Ontarios, war wie immer sehr viel Verkehr, der aber reibungslos gelöst wurde. Als sie diese einzigartige Stadt hinter sich gelassen hatten und sich auf dem freien Land befanden, genoss Wilfried die unendliche Weite dieses herrlichen Landes. Es war Oktober und das Laub bunt gefärbt, der sprichwörtliche "Indian Summer" war wieder einzigartig schön.
Das Bundesland teilt sich auf in Kreise. In Muskoka sind seine Verwandten Zuhause. Sehr weit auseinander liegen dort die Häuser. Deshalb gibt es auch keine gemeinsame Stromversorgung. Jedes Haus hat sein eigenes Aggregat, mit dem der benötigte Strom erzeugt werden kann. Im Sommer lässt es sich dort sehr schön leben, aber im Winter.... Man muss ja auch dafür sorgen, dass die Zufahrtsstraße zum Haus freigehalten wird. Aber die Menschen lernten, sich den Gegebenheiten anzupassen. Eingekauft wird nicht zu oft, dafür umso mehr. Es ist alles so organisiert, dass von allem ständig etwas im Hause ist, auch was Medikamente anbetrifft. Vor allem im Winter wird das akribisch genau geplant und auch eingehalten. Es ist lebenswichtig. Denn die Winter in Kanada sind sehr schneereich und können entsetzlich lang sein. Aber jetzt war es Oktober und das Einzige, das beeindrucken könnte, sind die Stürme, die oft mit orkanartiger Geschwindigkeit über das Land hinwegfegen.
Wie oft hatte Wilfried sie bei seinen Aufenthalten schon erlebt.
Aber ohne Zwischenfälle gelangte er mit seinen Verwandten zu deren Haus. Nachdem er seine Sachen notdürftig ausgepackt hatte, machte er - wie jedes Jahr - seinen üblichen ersten Spaziergang. Dieser Gang führte ihn zu einem Biberteich, zu "seinem" Biberteich. Er genoss es, diesen Tieren bei der Arbeit zuzusehen und war fasziniert von den fleißigen Gesellen. Aber diesmal gab es nicht viel zu sehen. Es hatte eine lange und extreme Trockenheit geherrscht und der See war bis weit zur Mitte ausgetrocknet. Für die Fischer war es schon ein herber Verlust, da sie sich doch teilweise vom Fischfang ernährten. Sehr weit mussten sie in den See laufen, um nach ihren Angeln zu sehen. Noch zu Hause hatte Wilfried einen Bericht über Kanada im Fernsehen verfolgt und wollte es zuerst nicht glauben, was er dort sah. Aber es war dieser See, der dort gezeigt wurde. Sein geliebter See mit diesen fleißigen Tieren. Umso enttäuschter war er, als er dieses Gewässer so vor sich liegen sah. Voller Sorge dachte er an die Biber und hoffte, dass diese überleben würden.
Auf dem Rückweg vom See sah Willi einen Bären, der auf ihn zulief. Die Kamera in Händen, ging er filmend schrittweise rückwärts. Da er vor Angst zitterte, wurden die Aufnahmen ziemlich verwackelt. Als er sie uns zu Hause zeigte, konnte er schon darüber schmunzeln. Aber jetzt..........
Der Bär kam immer näher und zum Schluss blieb nur noch die Flucht.
Am nächsten Tag war Faulenzen angesagt und vor allen Dingen Erzählen. Seine Verwandten wollten doch alles Neue erfahren, was sich das letzte Jahr ereignet hatte. Ebenso erging es Wilfried, was gab es da zu berichten. Auch das Gesundheitliche musste erwähnt werden und wie es allen Freunden, die in der Nähe wohnen, so gehe.
Seine Freunde, die Indianer mussten ebenfalls noch besucht und begrüßt werden. Kannte er doch ein paar von Ihnen und diese waren ihm schon sehr ans Herz gewachsen.Am Tag darauf war eine Fahrt nach Gravenhurst geplant. Dort wird immer eingekauft. Der Einkaufszettel war wieder sehr lang und auch Wilfried hatte schon ein paar Dinge vermerkt, die er unbedingt besorgen wollte. Am Anfang der Ortschaft befindet sich ein herrliches Tor. Zuerst ging es in den Lebensmittelladen rein, um für das leibliche Wohl zu sorgen. Die alkoholischen Getränke, wie Bier und Wein, bekommt man in diesen Läden nicht. Dafür sind extra Läden vorhanden, Bier- und Wein-Stores.
Eisenbahnen kann man in Gravenhurst noch bewundern, die zur Beförderung der Touristen benutzt werden. Aber was das Faszinierendste ist, das sind die Dampfschiffe, die dort auf den weltbekannten Muskoka-Seen unterwegs sind. Seit dem Jahr 1887 wird dort mit kohlebeheizten Dampfschiffen verkehrt, die R.M.S. Segwun ist das älteste, das noch in Betrieb is. Es befördert dort die Besucher und auch die Einheimischen. Wilfried hatte im letzten Jahr eine beeindruckende Fahrt damit unternommen, die sich in seinem Gedächtnis als herrliches Erlebnis eingegraben hatte. Aber auch hier bemerkte er den Wassermangel, was er sehr schade fand.
Mit einem einmaligen Erlebnis wurde Wilfried dieses Jahr überrascht. Er war gerade zurecht gekommen, um dem jährlichen Treffen der Indianer beizuwohnen. Sie führten ihre Tänze vor, begleitet nur von Trommeln. Die Indianer der verschiedenen Stämme hatten ihre typische Kleidung angelegt. An den Hosen waren unzählige Glöckchen angebracht. Beim rhythmischen Laufen, Tanzen und Stampfen erzeugten diese scheppernde Töne. Es hörte sich an, als ob eine Kapelle spielen würde. Jeweils der ganze Stamm war vertreten, selbst die Frauen und Kinder hatten die traditionelle Kleidung an und liefen mit. Meistens bewegten sich diese Indianer im Kreise.
Von seinen Verwandten wurde Wilfried zu den Niagarafällen eingeladen. Das war nur mit dem Auto zu bewältigen, es boten sich aber unterwegs viele Gelegenheiten zum Filmen an.
Die Wasserfälle - Wilfried war sprachlos und überwältigt von diesem einmaligen Naturschauspiel. Sobald er sich gefangen hatte, versuchte er, diese Bilder festzuhalten und fotografierte und filmte...... Wollte er doch seine Freunde hier in Deutschland teilhaben lassen, an dieser Einmaligkeit.Eine andere Reise führte Wilfried nach Sainte-Marie Among The Hurons. Das ist eine historische Indianersiedlung, in der er etwas über die Irokesen erfuhr. Auch wurde erzählt, dass die Huronen ein Indianerstamm der Irokesen gewesen sei. In der Vereinigung der Indianerstämme sind nicht alle geblieben, manche Stämme spalteten sich nach Kämpfen ab.
Die Jesuiten hatten bereits im 17. Jahrhundert in Kanada Missionen erstellt, eine davon war diese Siedlung.Bei seinen Verwandten hatte Wilfried mit den dort lebenden Streifenhörnchen noch sehr lustige Erlebnisse. Diese Tierchen sind so zahm, dass sie sich die Erdnüsse von den Menschen reichen lassen. Schnell werden dann die Backen gefüllt, um diese Vorräte hinterher zu verstecken.
Einen echten Mounty-Hut nahm Wilfried dieses Jahr aus Kanada mit. Die Polizisten in Ontario heißen Mountys und von einem erhielt er dessen Hut. Da der Polizist seinen Abschied von dieser Truppe genommen hatte, benötigte er ihn nicht mehr und schenkte ihn seinem Freund Wilfried.
Darauf war er sehr stolz, selbst auf dem Flughafen bei seiner Heimreise wurde er mit diesem Hut auf dem Kopf, gebührend bewundert. Fast hatte es den Anschein, als ob die Leute vor ihm salutieren wollten.Die Heimreise verlief ruhig und ohne Turbulenzen und zu Hause gab es soooo viel zu erzählen!
Heidi Gotti